Was ist eine Futterallergie?
 

Futterallergien gehören zu den sogenannten adversen Reaktionen auf Futterbestandteile oder Futterunverträglichkeiten.
Unter einer Futterallergie versteht man eine immunologisch bedingte Reaktion (der Haut oder seltener anderer Organe), die durch die Aufnahme von Futter oder Futterzusatzstoffen hervorgerufen und evtl. unterhalten wird.
Äußerlich nicht von ihr zu unterscheiden sind die nicht-immunologisch bedingten Futterunverträglichkeiten wie pharmakologische Reaktionen auf Futterinhaltsstoffe wie beispielsweise vasoaktive Amine („Histamintoxikose“), Toxine (z.B. bei „Lebensmittelvergiftungen“) etc. ebenso wie die individuelle Futtermittelintoleranz.
Im Gegensatz zu den echten allergischen Reaktionen auf Futterbestandteile bedürfen die nicht-allergischen keiner vorherigen Sensibilisierungsphase, können also schon beim Erstkontakt mit der auslösenden Substanz auftreten.


Wie häufig ist die Futterallergie?
Die Futterallergie stellt bei Hunden nach Flohallergie und Atopie die dritthäufigste Allergie dar, bei Katzen nach Flohallergie angeblich die zweithäufigste. Die Zahlenangaben über die Häufigkeit dieser Allergie in der Literatur variieren stark (8-25%), als Faustregel gilt aber, dass die Atopie beim Hund etwa 10mal häufiger vorkommt als die „Futterallergie“?.

Welche Allergieauslöser gibt es?
Die meisten Allergene bei Hunden und Katzen sind nach heutigem Wissensstand Eiweiße oder Eiweißverbindungen (Glykoproteine) mit einem Molekulargewicht von mindestens 10.000 Daltons, Hitze-, Säure- und Protease-stabil, die mit der Nahrung aufgenommen werden.
Prinzipiell kann jedes Eiweiß im Futter bei einem Tier zu allergischen Reaktionen führen. Je häufiger es aber aufgenommen wird, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit einer Sensibilisierung und einer irgendwann (oft erst nach Jahren!) auftretenden allergischen Reaktion.
Nach umfangreichen Studien sind die häufigsten Allergieauslöser beim Hund Milch und Milchprodukte, Rind, Eier und Weizen, gefolgt von Huhn, Lamm, Soja und Mais. Fisch, Reis und Schwein waren eher seltene Allergieauslöser. Bei Katzen lösten in mehr als 80% der Fälle Rind, Milchprodukte und Fisch die allergischen Reaktionen aus.
Leider sind diese häufigen Allergieauslöser in praktisch allen kommerziellen Fertigfuttern in unterschiedlichen Mengen enthalten, oft nur schwer erkennbar z.B. als „tierische Nebenerzeugnisse“ deklariert.
Eine Umstellung von einem kommerziellem Futter auf ein anderes ist demnach für die Diagnose einer „Futterallergie“ nicht geeignet.


Was sind versteckte Allergene?
Versteckte Allergene werden meist unterschätzt, können aber große zusätzliche Probleme bereiten: Pflanzenöle, die viele Tierbesitzer gerne dem Trockenfutter beifügen, können beispielsweise Mais- oder Sojaöl enthalten, gerade bei Hunden nicht seltene Allergene (s.o.). Milchproteine können nicht ohne weiteres erkennbar beispielsweise in Thunfisch in Dosen, in Hot dogs oder als Milchanteile wie Kasein, Kaseinat, Molke oder Laktose im Futter enthalten sein.
In der Sauce mancher kommerzieller Dosenfutter, aber auch in den speziell bei kleinen Hunden oder Katzen sehr beliebten „Babygläschen mit Fleisch“ sind nicht selten Weizenproteine enthalten. Und „last not least“ sind in verschiedenen populären Leckereien für Hunde und Katzen mit Weizen, Soja, Fleisch (nicht spezifiziert), Milch, Mais und Gerste enthalten. Selbst manche Arzneimittel sind aromatisiert oder mit Bindemittel behandelt, das aus Stearin von Schwein, Rind oder Lamm stammt und damit bei allergischen Tieren entsprechende Reaktionen auslösen kann.


Gibt es Rassen- oder Altersprädispositionen?
Im Gegensatz zu atopischer Dermatitis und Flohallergie kann die „Futterallergie“ in jedem Alter ? vom Welpen bis zum alten Hund- beginnen.
Auch ein gehäuftes Auftreten bei bestimmten Rassen konnte nicht belegt werden.


Wann treten allergische Reaktionen auf?
Bei der Futterallergie kommt es zu allergischen Sofort- und Spätreaktionen vom Typ I, II, III und IV nach Coombs und Gell, möglicherweise auch in Kombination miteinander.
Dies bedeutet, dass bei einigen Tieren Symptome infolge einer allergischen Sofortreaktion binnen 30 Minuten bis einige Stunden auftreten können. Der Großteil der Allergiker reagiert aber erst Tage, mitunter sogar Wochen nach der Allergenaufnahme, was natürlich die Zuordnung des Auslösers erheblich erschwert.


Welche Symptome sind zu erwarten?
Häufig sind Hautsymptome, die im Gegensatz zu atopischer Dermatitis und Flohallergie kein typisches Verteilungsmuster haben:
Häufig ist Juckreiz, der keine saisonalen Schwankungen zeigt, mit ähnlicher Verteilung wie bei der atopischen Dermatitis (v.a. Gesicht, Ohren, Pfoten, Achseln, Innenschenkel, Bauch). Auch generalisierter Juckreiz ohne erkennbar stärker betroffene Bereiche (v.a. bei Jungtieren) ist möglich, weiterhin Juckreiz im Bereich von Rückenende und Rutenansatz wie bei der Flohallergie oder Symptome wie bei der Sarcoptesräude (Ellenbogen und Gliedmaßen, Bauch und Ohrmuscheln, v.a. beim Labrador) verteilt. Auch Sonderformen wie rezidivierende „Hot spots“, akrale pruriginöse Nodula (?Leckgranulome?) oder chronische Ohrentzündungen oder Pfotenentzündungen sind mögliche Symptome einer „Futterallergie“.
Ein weiterer häufiger Manifestationsort ist der Magen-Darm-Bereich. Hier sind mögliche Symptome Erbrechen, Durchfall, Blähungen, kolikartige Bauchschmerzen, überlaute Darmgeräusche, ungeformter Kot etc. Häufig wird als erstes Symptom eine auffallend hohe Zahl täglicher Kotentleerungen bemerkt.
In seltenen Fällen kommt es nach Allergenaufnahme zu allergische Sofortreaktionen wie Schwellung des Gesichtes, Lidödem oder Urticaria. Extrem selten sind epileptiforme Anfälle und asthmaähnliche Symptome.
Bei Katzen mit ?Futterallergie? beschränkt sich der Juckreiz häufig auf Gesicht, Ohren und Nacken, wo sich die Tiere oft schwere Verletzungen zufügen („feline selbstinduzierte Ulzera“).
Wie beim Hund können auch bei Katzen Symptome einer Flohallergie und ein generalisierter Juckreiz ohne erkennbare Prädilektionsstellen auftreten.
Auch die katzenspezifischen Reaktionsmuster eosinophiler Granulom-Komplex, feline selbstinduzierte Alopezie und miliare Dermatitis sind häufig Folge einer Futterallergie.


Gibt es typische Hautveränderungen?
Nein  atypisch ist wie bei der atopischen Dermatitis Juckreiz ohne erkennbare Läsionen (vormals auch „Pruritus sine materia“ genannt), eventuell zusammen mit einer Rötung der Haut. Sehr schnell folgen dann Pusteln und die anderen Symptome einer bakteriellen Sekundärinfektion, Sekundärinfektionen mit Malassezien, sekundäre Ohrentzündungen und später auch chronische Veränderungen wie Haarverlust, Schwarzfärbung, Verdickung der Haut, Seborrhö etc.

Wie wird eine Futterallergie festgestellt?
Die Diagnose einer „Futterallergie“ ist mitunter schwierig, weil sie keine Rassen- oder Altersprädispositionen und keine typischen Hautveränderungen zeigt. Auch diagnostische Hilfsmittel wie der aus der Humanmedizin übernommene „Blut-Allergietest“ und ein Hauttest gelten leider als völlig unzuverlässig.


Zuverlässig, wenn auch aufwendiger und langwieriger, ist die Umstellung auf eine hypoallergene Diät mit anschließender Provokation zur Allergenidentifikation ? eine Maßnahme, die äußerste Disziplin bei allen Familienmitgliedern voraussetzt. Zuvor sollten unbedingt bakterielle Infektionen und Malasseziendermatitis/-otitis als wichtige Ursachen für Juckreiz unter Kontrolle sein, damit der Erfolg der Futterumstellung auch korrekt beurteilt werden kann.

In der Eliminationsphase wird ein einziges Eiweiß und ein Kohlenhydrat eingesetzt. Diese werden individuell auf der Basis der akkuraten Fütterungsanamnese ausgesucht, denn der Patient sollte möglichst noch nie mit ihnen in Kontakt gekommen sein.
Als prinzipiell geeignet gelten Schaf, Pferd, weißer Fisch, Wild, Ente, Ziege, Kaninchen, Soja/Tofu, Känguruh, Strauß, als eher ungeeignet Huhn, Pute, Rind und Milchprodukte. Als Kohlenhydratquelle werden entweder unbehandelter Reis oder Kartoffeln gegeben.
Beim Hund werden Kohlenhydrate und Protein meist im Verhältnis 2:1 gegeben, bei Katzen ist meist nur die reine Proteingabe praktikabel. Die Futterumstellung auf das neue Futter sollte langsam und über mehrere Tage erfolgen.
Diese Phase der Allergenelimination sollte über mindestens 8 Wochen konsequent durchgeführt werden. Zu einer Besserung der Symptome, i.d.R. des Juckreizes, kommt es bei den meisten Tieren mit „Futterallergie“ innerhalb von 4-6 Wochen (etwa 25% der Patienten zeigen nach 3, 50% nach 4-6, 20% nach 7-8, 5% nach 9-12 Wochen eine deutliche Minderung der Symptome).

In der zweiten Testphase kommt es zur Provokation, um sowohl die Diagnose Futterallergie zu sichern als auch die Allergene zu identifizieren. Hierzu werden wochenweise jeweils ein neues Eiweiß gefüttert und so eine „Positivliste“ (mit vertragenen Substanzen) und eine Negativliste (mit nicht vertragenen Substanzen), auf deren Basis man später ein entsprechendes Fertigfutter auswählen kann.

Zu einem Wiederauftreten der klinischen Symptome, wenn ein Allergieauslöser identifiziert wurde, kommt es binnen Stunden oder Tagen (bei den meisten Tieren nach 1-3 Tagen). In diesem Fall sollte die Testsubstanz sofort abgesetzt werden und bis zum erneuten Abklingen der Beschwerden die ursprüngliche Hypollergendiät gegeben werden. Wird eine getestete Substanz über eine Woche ohne Verschlimmerung gegeben, gilt sie als nicht allergieauslösend.

Während der gesamten Phase der Allergenelimination und Provokation versteht es sich von selbst, dass dem Patienten keinerlei Leckereien, Essensreste, Kauspielzeug, Vitamintabletten, geschmacksverbesserte Medikamente o.ä. verabreicht und er natürlich keinen Zugang zu Näpfen anderer Tiere (als Katze auch keinen Freigang!) haben darf, was die konsequente Durchführung des Planes erheblich erschweren oder sogar scheitern lassen kann.

Sind Mangelerscheinungen zu erwarten?
Müssen Hunde oder Katzen über einen längeren Zeitraum mit selbstgekochter Diät gefüttert werden, sollte die Fütterung unbedingt auf den Vitamin- und Mineralstoffgehalt hin überprüft und evtl. substituiert werden. Bei Katzen ist insbesondere auf eine ausreichende Taurinversorgung zu achten.


Wie kann eine Futterallergie behandelt werden?
Die beste Therapie besteht in der konsequenten Vermeidung des/der auslösenden Allergene, was mitunter schwierig sein kann. Versuche einer allergenspezifischen Desensibilisierung analog der atopischen Dermatitis werden derzeit unternommen.
Nur in etwa der Hälfte der Fälle wirksam sind Kurzzeitkortisone.
Gelegentlich wirksam sind Antihistaminika.

Nicht unterschätzt werden darf die konsequente Behandlung von Begleit-/Folgeerkrankungen wie Pyodermien, Malasseziendermatitis, Otitis externa, Seborrhoen etc.
mit geeigneten Mitteln, da diese oft zu einer erheblichen Verschlimmerung der klinischen Symptome beitragen. Auch eine adäquate Behandlung von den Symptomen außerhalb der Haut sollte, falls notwendig, erfolgen.

Stets sollte man auch an andere Ursachen für Juckreiz wie beispielsweise Ektoparasiten (Flöhe!) denken und auf sie untersuchen, besonders bei plötzlicher Verschlimmerung der klinischen Symptome.


Quelle: Tierärztliche Klinik Birkenfeld

 

 

 

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